“Wie ein Märchen”

Es war einmal….

Im Jahre 1985. Die alte Mühle in einem überwachsenen, einsamen Tal war erst kurz vorher aus ihrem langen Dornröschenschlaf befreit worden.

Nur noch die Alten wussten über die Bedeutung eines Platzes, der einmal die Heimat von Schicksalen, Ereignissen und auch Legenden war.

Hier, unter einem verhüllenden Blätterdach verwilderten Olivenhaine und den Ranken der sich ausbreitenden Brombeeren wurde Olivenöl gewonnen, Getreide und auch Kastanien aus den umliegenden Wäldern gemahlen.

Menschen fanden hier ihre Arbeit und ihr Brot bis zu diesem Zeitpunkt, als die so genannte neue Zeit mit ihren neuen Energien die alten Wassermühlen schnell zu Vergangenheit machte.

Die Natur holte sich das Tal zurück, Krieg zog mit all seinen Scheußlichkeiten durch das Land und irgendwann erinnerten nur noch die alten Geschichten und die vereinzelt in den Dörfern vorhandenen ehrwürdigen Ölbehälter an die versunkene Molino Madrigale.

Hin und wieder wurde noch in der halbverfallenen Ruine gelebt und diese dann letztlich aufgegeben.

So verging die Zeit.

Fiorella und Hans hatte das Schicksal zusammengeführt.

Ihre Wiege stand in der ewigen Stadt Rom und er war der Spross  einer Familie, die durch die Wirren des Krieges nach Nürnberg verschlagen wurde.

Beide Familien hatten ihre prägende Geschichte.

Er wollte seinen Architekturberuf ablegen und sein Leben ändern. Sie, Fiorella, war ihm dabei die große Stütze.

Eine besondere Aufgabe wartete auf das junge Paar: die Wiederauferweckung der Molino Madrigale!

Ein mit Dornen überwuchertes Tal wurde zum Besitz und was gute Freunde für aussichtslos hielten, wurde zum verzauberten Ort.

Als ich, eigentlich nur durch einen so genannten Zufall die neugeborene Mühle im Jahre 1985 betrat, war diese ein Jahr bewohnt und ich wusste nicht, welche Geschichte und welcher Schweiß von vielen dahinter stand.

Jetzt kennen meine Frau und ich, Hans und Fiorella mittlerweile über zwanzig Jahre lang.

Es ist eine Freundschaft in den Jahren gereift mit vielen gemeinsamen Betrachtungen und dem Bewusstsein, dass man den anderen so nimmt wie er ist.

Es ist das Geheimnis alle beständigen Verbindungen.

Wie die Blätter im Kastanienwald änderten sich immer wieder die Zeiten, Freunde und gelegentlich auch Schatten begleiteten die alte Mühle, ihre Bewohner und auch die Freunde durch die würzigen Gerüche des Jahres.

Der lebendige Holztisch in der großen Küche ist beim Schrei des Waldkauzes zur Heimat mancher geworden und die aufgetragenen Köstlichkeiten versöhnen mit der Welt.

Sehr vieles haben wir hier gelernt und bilden uns ein, dass die Molino nur ein Ort ist für diejenigen, die ihr verfeinertes Bewusstsein immer weiter getragen haben – kulinarisch auf alle Fälle.

So soll es bleiben.

Herzlichst für Hans und Fiorella und die Freunde der Molino Madrigale

Toni Ried